2012
Thursday
December
13

Mit päpstlichem Segen von Stade nach Rom

Auf dem Weg nach Rom kommen Pilgerer künftig nicht an Wernigerode vorbei. Die bunte Stadt liegt auf der Route der in Vergessenheit geratenen "Via Romea". Ein Förderverein aller deutschen Etappenstädte möchte den Pilgerweg wiederbeleben.

Wernigerode l Viele Wege führen nach Rom. Einer davon verläuft direkt durch Wernigerode und den Harz - seit Hunderten von Jahren. Die "Via Romea" galt als eine der wichtigsten "Autobahnen des Mittelalters". Die Strecke von Stade nach Rom war damals nicht nur Handelsstraße, sondern auch Heerstraße, Straße der Kaiser und Könige und zugleich ein bedeutender Pilgerweg. Im Laufe der Zeit geriet sie jedoch in Vergessenheit.

In einem ehrgeizigen Projekt wird sie nun wiederbelebt. Vertreter der 28 deutschen Städte, die auf der Route nach Rom liegen, haben einen Förderverein gegründet, um den vergessenen Pilgerweg wieder ins Bewusstsein der Menschen zu bringen. "Einmal jährlich treffen sich die Mitglieder", sagt Ulrich Eichler, der die Wernigeröder Stadtverwaltung im Vorstand des Vereins vertritt.

In den vergangenen drei Jahren wurde schon vieles - sprichwörtlich - auf den Weg gebracht. Erstes Ziel war es, den genauen Streckenverlauf der "Via Romea" durch Deutschland zu erforschen. Abschnitt für Abschnitt. Eichler und einige Mitstreiter erarbeiteten die 85 Kilometer lange Route durch Sachsen-Anhalt: Osterwieck, Wasserleben, Veckenstedt, Wernigerode, Elbingerode, Hasselfelde, Stiege - für diesen Streckenabschnitt entstand in diesem Jahr ein Faltblatt mit Karte und Beschreibungen der einzelnen Etappen.

"Etliche Wanderer erkundigen sich nach der Via Romea."

"Wir haben unseren Flyer beim letzten Treffen vorgestellt", so Eichler. Die anderen Teilnehmer seien begeistert gewesen. Deshalb wurde sogleich beschlossen, dass alle Städte Faltblätter nach dem Wernigeröder Muster erstellen sollen.

Hilfreich war, dass für die alte Pilgerstraße umfangreiches Quellenmaterial existiert. Darunter eine Landkarte aus dem Jahr 1499 von Erhard Etzlaub, die den Romweg "Meile für Meile" dokumentiert - gleichzeitig die erste Karte, die Wernigerode abbildet. Etzlaub entwarf sie für das heilige Jahr 1500. Ungewöhnlich ist, dass der Straßenplan in Richtung Süden ausgerichtet ist.

Schon mehr als 250 Jahre zuvor wurde der Romweg von Abt Albert beschrieben. Der Mönch pilgerte 1236 zum Papst nach Rom. Der Nachwelt hinterließ der Kirchenmann eine detaillierte Beschreibung der sechsmonatigen Reise - seinen auf Latein geschriebenen Reiseführer mit genauen Meilenangaben, Bemerkungen über Sehenswürdigkeiten und Empfehlungen. Für Wernigerode selbst sind zudem historische Dokumente verfügbar, die den genauen Verlauf des mittelalterlichen Weges durch die bunte Stadt belegen: über die Charlottenlust und den Veckenstedter Weg zum Mühlental und dann weiter nach Elbingerode.

"Etliche Wanderer erkundigen sich nach der Via Romea, die im Harz inzwischen gut ausgeschildert ist", sagt Ulrich Eichler. "Die Nachfrage ist da." Einige Wegekreuze zum Beispiel bei Hasselfelde markieren die Strecke. Im vergangenen Monat wurde am Wiesenort "Drei Eichen" bei Elbingerode eine erste Hinweistafel auf die Straße von Stade nach Rom aufgestellt.

"Das ist es, was wir in Europa wollen - dass sich Völker näher kommen."

Auch außerhalb des Harzes nimmt die Belebung der Pilgerroute Gestalt an. So wurde in Italien ebenfalls ein Verein der Etappenstädte gegründet. "Mit diesem wollen wir in Zukunft eng zusammenarbeiten", kündigt Eichler an, der im Frühjahr 2013 mit Wanderfreunden von Subbiano (Toskana) in Richtung Rom pilgern möchte.

"Die Via Romea ist ein Weg der Begegnung", sagt Ulrich Eichler. "Man läuft ja nicht nur schnurstracks gerade aus, sondern schaut, was links und rechts der Straße ist. Man lernt so viel neue Orte kennen, trifft Gleichgesinnte, schließt Freundschaften. Und das ist es doch, was wir in Europa wollen - dass sich Völker näher kommen."

Ob die "Via Romea" jemals die Popularität des Jakobsweges erlangt, ist ungewiss. Inzwischen ist sie jedoch schon in aller Munde. Selbst Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff erkundigte sich kürzlich bei Ulrich Eichler nach dem Pilgerpfad. Ein weiterer wichtiger Unterstützer ist übrigens Papst Benedikt XVI., der dem Projekt in einem Brief "Gottes beständigen Schutz und Segen" ausrichten ließ.

Source: volksstimme.de